Titel - Leseprobe Dunn - Krieg wie ihn die Infanterie erfuhr

Inhalt

Vorwort

Kapitel I

Juli - 21. August 1914

Mobilisierung Grundwehrdienst

Kapitel II

22. August - 5. September 1914

Rückzug

Kapitel III

6. September - 5. Oktober 1914

Zurückweichen an die Aisne

Kapitel IV

5. Oktober - 15. November 1914

Wettlauf zum Meer/ La Cordonnerie

Kapitel V

16. November 1914 - 17. August 1915

Houplines, Bois Grenier - Arbeit und Spiel

Kapitel VI

18. August - 15. Oktober 1915

Béthune/La Bassée/Loos

Kapitel VII

16. Oktober 1915-8. April 1916

Béthune/La Bassée - Arbeit

Kapitel VIII

9. April - 6. Juli 1916

Béthune/La Bassée - Eruptionen

Kapitel IX

7. Juli - 29. August 1916

Somme/Ancre/High Wood

Kapitel X

30. August - 11. November 1916

Somme/Ancre - Ruhe und Beschäftigung - Morval, Lesboeuf

Kapitel XI

11. November 1916 - 17. März 1917

Winter an der Somme

Kapitel XII

12. März - 16. April 1917

Ein Kapitel aus dem Leben eines Subaltern

Kapitel XIII

10. April - 30. Juni 1917

Arras - Hindenburglinie

Kapitel XIV

1. Juli - 20. September 1917

Widerhall alter Kriege - Nieuport

Kapitel XV

21. September-  26. Januar 1918

Der Ypernbogen - Polygon Wood/Messines/Passchendaele

Kapitel XVI

27. Januar - 31. März 1918

All Welsh -Bois Grenier

Kapitel XVII

1. April - 22. August 1918

Ancre - Wartestellung

Kapitel XVIII

23. August - 11. November 1918

Über Alten und Neuen Grund, Über die Sambre

Kapitel XIX

12. November 1918 - 6. Juni 1919

Heimwärts

Anhang

Nachwort zum 22. Mai 1918

Liste der Mitwirkenden

Karten

Abkürzungen

Zu dieser Ausgabe

Anmerkungen


Kapitel I

Juli - 21. August 1914

Blitz aus heiterem Himmel - Mobilisierung - Die Kanalüberquerung - Rouen - Amiens

„Bei Ausbruch des Großen Krieges war ich Company Sergeant-Major der Kompanie B des 2nd Battalion der Royal Welch Fusiliers2. Ich habe oft darüber nachgedacht, wie sich Captain3 Douglas Powell uns im April und Mai 1914, als wir uns in Zug- und Kompanieübungen befanden, in seinen Lehrvorträgen mit den Deutschen als Gegnern vorstellen würde. Wenige von uns ließen sich zu der Zeit träumen, daß wir ihnen binnen weniger kurzer Monaten tatsächlich gegenüberstehen würden. Selbst als die Ereignisse auf dem Kontinent ihrem Höhepunkt zustrebten, glaube ich nicht, daß wir über die Wahrscheinlichkeit diskutierten, daran beteiligt zu sein. Für mich persönlich kam der Krieg so unvermittelt wie ein Blitzschlag und als ein solcher.

30. Juli

Das Bataillon war in Bovington Camp, Wool, Dorsetshire, mit Feld- und Schießübungen beschäftigt. Ende Juli sollten wir zu unserer Station nach Portland zurückkehren, dort eine Woche bleiben und dann auf die Salisbury Plain ins Manöver gehen. Wir Company Sergeant-Majors hatten gerade vom Adjutanten, Captain C.S. Owen, Anweisungen für die Verlegung bekommen. Ich war noch nicht bei meinem Zelt zurück, als der Hornist blies: 'Company Sergeant-Majors - im Sturmschritt'. So kehrten wir zurück zur Schreibstube. Diesmal waren die Befehle sehr kurz: „Packen, wir marschieren heute Nacht nach Portland. Da schoß es mir durch den Kopf: Krieg. Die Männer waren glücklich, wie stets unter solchen Umständen. Ich scheue mich nicht, zu Protokoll zu geben, daß ich es nicht war. Der Südafrikakrieg4 hatte mich gelehrt, daß es nichts gab, worüber man sich hätte freuen können. Seltsam, welche Gedanken einem in Zeiten der Krise durch den Kopf gehen. Mein erster Gedanke war die Erinnerung daran, daß ich in Südafrika verlaust war, sowie das starke Entsetzen darüber, es wieder zu sein. Dann begann ich, an andere Dinge zu denken. Es muß gegen 19.00 gewesen sein, als der Befehl kam, und wir gingen sofort ans Werk.

Posten wurden ausgeschickt, um die Männer aufzusammeln, die sich außerhalb des Lagers aufhielten; natürlich gab es die üblichen paar Abwesenden beim Zapfenstreich, die bei ihrer Rückkehr höchst überrascht waren, nur die Mannschaft anzutreffen, die Anweisung hatte, aufzuräumen und das Lager dem Zeugamt zu übergeben. (Korrespondenz bezüglich der Ausrüstung sollte die Schreibstube den Winter über beschäftigen.)

Yates, der Quartermaster, nahm den ersten Zug nach Portland, um die Rückkehr des Bataillons vorzubereiten und die erwarteten Küstenschutztruppen zu verköstigen. Metzger und Bäcker am Ort waren überrascht vom Umfang der Bestellungen, die sie erhielten. Die Rekruten und Jungen in The Verne schufteten die ganze Nacht, um die Kasernen kurzfristig in Ordnung zu bringen. Es war eine arbeitsreiche Nacht für alle Beteiligten. Der Geißbock, der gekränkelt hatte, starb. „Er mußte etwas geahnt haben.

Williams und ich waren zum Abendessen nach Bournemouth gegangen. Bei unserer Rückkehr nach Wool sahen wir Flammen. Mein erster Gedanke war: Die Kantine brennt. Als wir aber ankamen, eilte Knox Gore auf uns zu und informierte uns mit bebender Stimme, wir hätten Befehl, zu unserem Standort in Friedenszeiten zurückzukehren und würden in zehn Minuten abmarschieren. Der Standort meiner Kompanie war Dorchester, die anderen drei Kompanien lagen in Fort Verne in Portland.

Der Marsch begann um 23.00. Zum Glück war die Nacht --

31. Juli

-- schön. Die Dorchester-Kompanie erreichte ihr Quartier hochgestimmt um 3.00. Der Marsch der Hauptkolonne war lang und öde. Ohne ihre Noten konnte die Kapelle die ganze Nacht nicht spielen, veranstaltete aber eine hübsche Show. Als wir die Berge nach Weymouth hinunterkamen, brach der Tag an; mit zunehmender Helligkeit verflog die elende, für den Nachtmarsch typische Müdigkeit, und der Marsch wurde weniger verdrießlich. Als der Hafen in Sicht kam, bekamen wir einen ersten Eindruck vom Krieg. Das letzte Mal, daß wir ihn gesehen hatten, war er voller Kriegsschiffe, jetzt war er leer. Die Marine war am 15. Juli zu einer längst vorbereiteten Probe der Verwaltung mobilisiert worden. Angesichts einer zu erwartenden Entwicklung der zurückliegenden unverhofften Krise im Ausland hatte man sie in Bereitschaft gehalten. Die Kapelle hatte wieder zu spielen begonnen, und die guten Leute von Weymouth wurden um 6.00 vom Klang der Trommeln geweckt, die 'I do like to be beside the seaside' spielten. Das nächste Vorzeichen für den Krieg war eine Wache, die bei der Brücke über einen Seearm neben der Whitehead-Torpedofabrik bei Portland aufgestellt worden war. Noch herrschte kein 'Kriegszustand', doch wegen der 'angespannten Beziehungen' war der Küstenschutz besetzt worden. Es war seltsam, wie die verschiedenen Anzeichen den Eindruck des überaus Außergewöhnlichen vermittelten. Portland erhebt sich so steil über dem Meeresspiegel, daß der letzte Aufstieg über fast zweihundert Meter für keinen besonders angenehmen Abschluß des fünfunddreißig- Kilometer-Marschs in Marschaufstellung sorgte. Unnötig festzustellen, daß wir alle höchst froh waren, als wir den Gipfel erreicht hatten. Die Verheirateten trafen ihre Frauen besorgt über den Grund unserer plötzlichen Rückkehr, mit großen Augen wartend, an.

Es folgte die Vorbereitung der erwarteten Mobilisierung. Obwohl der Befehl noch nicht empfangen worden war, griffen unsere Regimentsoberen ihm vor, sodaß weniger zu erledigen war, als sonst der Fall gewesen wäre, als er dann kam. Tatsächlich ging wegen eines Schnitzers des Geschäftszimmers die Vorwegnahme zu weit: man hatte Mobilisierungstelegramme ausgesandt - ein Vorfall, der nach Erklärung verlangte, als in der folgenden Woche im fernen Parlament die Kammern tagten. Die Leitung des Geschäftszimmers brach unter den eintreffenden Anfragen - und anderen offiziellen und halb-offiziellen Äußerungen - fast zusammen. Mobilisierungsmaterial wurde ausgegeben, die Fuhrwerke wurden für den Fall des plötzlichen Abmarschs beladen. Unsere Ausrüstung war mäßig: die Männer hatten Druckkessel anstelle von Feldküchen, besser bekannt als cookers. Unsere Maschinengewehre standen auf schweren altertümlichen Lafetten, anstelle von Dreibeinen. Das kam daher, daß wir, weil wir gerade aus Indien zurückgekehrt waren, zu keiner Brigade oder Division und auf Papier - nicht zu den Expeditionskräften aus sechs Divisionen gehörten. Das Bataillon war nach unserer Heimkehr im März mit Kleidung und Ausrüstung für den Dienst zu Hause, die Kapelle ergänzend mit ihren besonderen Uniformröcken ausgestattet worden. Alles mußte eingepackt oder ans Depot zurückgegeben werden. Soldbücher und Erkennungsmarken wurden auf den neuesten Stand hin kontrolliert, und für alles wurden Kriegsstammrollen vorbereitet. „Zu meinem Glück hatte ich meine Stationierungszeit als Sergeants Mess President im vorhergehenden Vierteljahr absolviert; infolgedessen war es Bill Barlings Aufgabe, zusätzlich zu seiner anderen Arbeit die Messe einzupacken.

Ich habe seitdem oft darüber nachgedacht, wie vieles sich später bewahrheitete. Als wir das erste Mal etwa zwei Jahre vor dem Krieg unsere Soldbücher und Erkennungsmarken bekamen, lächelten wir bei dem Gedanken, sie jemals gebrauchen zu sollen. Hinter dem Tisch des Commanding Officer im Geschäftszimmer befand sich eine Mobilisierungskarte  noch ein Lächeln. Wie furchtbar langweilig, den King's Rules and Regulations über den Aktiven Dienst zuzuhören, die jedes Vierteljahr verlesen wurden! Und als wir Formulare für die Familienzuteilung ausfüllen mußten, steigerte sich das Lächeln zu einem breiten Grinsen.

Während die Tage vergingen, wurde die Lage stets kritischer und die Vorbereitungsarbeiten anstrengender. Ich hatte gerade Zeit, nach Hause zu eilen, mir einen Bissen zu schnappen, dann zurück ans Werk. Es war üblich, mitten in der Nacht herausgeholt zu werden und von einer Ordonnanz gesagt zu bekommen, ich werde in der Schreibstube verlangt. Ich glaube nicht, daß Jimmy Caldwell, der Sergeant der Schreibstube, zu der Zeit viel Schlaf fand. Wir bekamen ständig Befehle, meist übers Telefon und selten bestätigt. Die privaten Autos einiger Offiziere waren von unschätzbarem Wert. Der Quartermaster hätte seine Arbeit nicht erledigen können, wenn er nicht von jemandem gefahren worden wäre:„"O. de L. war in jenen Tagen mein Freund." Weil wir eine Reserveeinheit waren, bestand unser Mobilisierungsplan nur im Groben, er war nicht gründlich geprüft.

"Sofern es eine Diskussion über die Aussichten des Krieges gab, wurde sie hauptsächlich von den Frauen geführt - stets traf ich auf eine Gruppe, die damit beschäftigt war. Ich fürchte, ich war ziemlich unhöflich zu einer guten Dame, die die Dinge schwer nahm und die anderen in Unruhe versetzte."

Für die abgezweigte Kompanie in Dorchester waren diese wenigen Tage eine Zeit bangen Wartens und der Gerüchte, nachdem erst einmal der Transport vorbereitet und alle anderen Maßnahmen ergriffen worden waren, um nach Portland aufzubrechen, sobald das Zeichen zur Mobilisierung kam. Darüberhinaus bestand der einzige Reiz in den von Richter Darling geleiteten Assisen.

4. August

"Abends ließ Owen mich holen und zeigte mir ein Telegramm. Er forderte mich auf, es dem Colonel17 zu bringen. Der Commanding Officer war bei Walwyn’s auf einer Abendgesellschaft. Sie hatten ihr Abendessen noch nicht beendet, als ich hineingeführt wurde. Ich glaube, die Minuten, in denen kein Wort fiel, bevor die Damen sich zurückgezogen hatten, waren die anstrengendsten meines Lebens."

Gegen 21.00 erscholl 'Company Sergeant-Majors' - ich hatte gerade einen Drink mit 'Pip' Parsons, der bemerkte:„ "Das wär's". Er trank sein Bier und verlangte nach einem Dutzend Deutschen. Dann an die Arbeit, Befehle kopieren. Als wir fertig waren, hatte die Messe geschlossen, wie traurig.

5. August

"Das Zeichen erreichte Dorchester gegen 2.30, um 3.15 waren wir unterwegs. Wir zogen in strömendem Regen los, die Männer in bester Stimmung, sangen aus voller Brust. Ich habe vergessen, was sie sangen, aber sicher nicht 'Tipperary', das schon im Jahr davor in Quetta aus der Mode war." ('It's a long way to Tipperary' wurde gleichwohl bald im öffentlichen Bewußtsein und in der Presse jener Zeit mit dem Marschieren unserer Old Army verbunden.) "Der Regen hörte schließlich auf. Als wir gegen 8.00 den Berg nach Verne erklommen, bemerkte ich eine Rotkreuzflagge am Mast des Marinehospitals in Portland und wußte so, daß der Krieg erklärt worden war. Die folgenden Stunden verbrachten wir in einem Taumel der Mobilisierung."

Thomas, der Transportoffizier, zog frühmorgens mit einer Mannschaft nach Wareham, wo er Pferde übernahm, die dort von der Remonte versammelt wurden.

Nachmittags erhielten wir Befehl, den kommenden Tag loszumarschieren. Die Erregung wuchs noch an. Da wir unter direktem Befehl des Kriegsministeriums zu stehen schienen, konnten wir unmöglich gegenüber irgendjemandem etwas über unser Ziel verlauten lassen. Meine Frau lag krank im Bett, unfähig, mich zu begleiten. Meine Mutter befand sich, so weit ich wußte, in der Schweiz. Folglich sah es aus, als müßte ich gehen, ohne irgendjemand von meiner kleinen Familie zu sehen.

Abends nahmen die Kanoniere der Besatzung in Verne ein paar von uns mit auf eine Art Kommandoturm, von dem aus man einen guten Blick aufs Meer hatte und von wo sie, mit Hilfe eines Feuerleitsystems, das in jenen Tagen zu gut um wahr zu sein schien, jeden Quadratmeter der See in Sichtweite mit einem Schuß bedecken konnten. Ich bin sicher, die meisten von uns erwarteten, daß plötzlich ein deutscher Kreuzer auftauchte und versenkt würde. Ich weiß zumindest, daß ich es erwartete, und ich glaube nicht, daß jemand an Unterseeboote dachte.

6. August

Als der Tag der Abfahrt gekommen war, gab es nicht viele im Verwaltungsstab, denen es wirklich leid tat. Nach einem zeitigen Frühstück traten wir an, um die Zitadelle von Verne zu verlassen: Zwanzig Offiziere und fünfhundertachtzig Unteroffiziere und andere Mannschaften. Die Transportwagen waren bereitgestellt, sodaß sie bei Ankunft der Pferde nur angespannt werden mußten. „Wir traten gerade an, als die erste Ergänzungsmannschaft an Reservisten aus Wrexham hereinmarschierte. Sie wurden den Kompanien zugeteilt. Weil sofort eine Rolle für die Schreibstube ausgefertigt werden mußte, setzte ich mich, so wie ich war, und schrieb sie in Marschausrüstung aus. Einige Reserveoffiziere begleiteten uns beim Appell. Eine zweite Reservistenmannschaft, alle zusammen etwa dreihundert, traf später am Vormittag ein.

"Wir zogen schließlich um 7.00 ab und marschierten zum Bahnhof hinunter. Ich erinnere mich lebhaft an Norah Walwyn mit einer Kodak in der Hand beim Haupteingang, dabei viel zu sehr von Gefühlen überwältigt, um sie zu bedienen. Unsere Abfahrt von Portland verursachte kaum Aufsehen unter der örtlichen Bevölkerung, von der wenige anwesend waren. Ich hörte aber, wie ein Spaßvogel rief: 'Bill, bring uns ein paar Würste mit!'" Wir warteten noch eine ziemliche Zeit, bevor wir den Zug bestiegen. Nichts deutete darauf hin, wohin wir fuhren. Die Aufregung war groß. Einmal im Zug, kursierten schnell Gerüchte und Vermutungen über unsere Bestimmung. Als wir infolgedessen in Dorchester eintrafen und man uns aufforderte auszusteigen, war das eine rechte Enttäuschung. In Verne mußte Platz für die geplante Besatzung, ein Bataillon der South Lancashire Territorials, gefunden werden, sodaß Dorchester unser eigentlicher Mobilisierungspunkt war.

Man erklärte uns, daß unser Aufenthalt von unbestimmter Dauer sei und wir alle in Quartiere gehen würden, was für uns eine neue Erfahrung darstellte. Es war indes keine echte Einquartierung, weil die Offiziere in das eine oder andere Hotel zogen. Das Hauptquartier befand sich in den King's Arms, die Mannschaften blieben in verschiedenen öffentlichen Gebäuden. "Erstes Quartier der A-Kompanie - Infant School, Parkettfußboden, mit Tornister als Kissen." Die B-Kompanie in der Getreidebörse durfte ebenso mit den Unannehmlichkeiten des harten Fußbodens Bekanntschaft schließen. "Ich hatte Gelegenheit, in einem Bett in einem Haus zu schlafen, zog es aber vor, in der Nähe zu bleiben. Außerdem fiele es leichter, falls ich gebraucht wurde, vom Fußboden aufzustehen als sich aus einem bequemen Bett zu wälzen."

7. August

Der erste Arbeitseinsatz bestand im Einzäunen der alten Artilleriekasernen, welche die feindlichen Internierten im wehrfähigen Alter aufnehmen sollten. Ansonsten gab es nicht viel zu tun, außer den einen oder anderen Übungsmarsch zu unternehmen, um die Männer an ihre neuen Stiefel zu gewöhnen, sowie ein wenig Übung an der Waffe.

8. August

Die Reservisten und der Transport, die von Portland marschiert waren, vereinigten sich mit uns. Es gab viele Nachzügler, was nicht verwunderte, weil ein Teil der Männer einige Jahre in Reserve gewesen und daher unabgehärtet waren, andere hatten die falsche Schuhgröße. Für diese Männer Stiefel vom Depot zu bekommen, war nicht möglich, "daher schlug ich Captain Powell vor, daß wir, weil Krieg war, für sie Stiefel anfordern könnten. Die B-Kompanie tat das, indem sie ihrem Schirrmeister eine Bedarfsanforderung erteilte." Unnötig zu fragen, wer Reservist war: Seine weiße Haut hob ihn von den Gebräunten in guter körperlicher Verfassung ab. Viele fanden sich in der neue Organisation eines Bataillons nicht zurecht: Seit sie unter Fahne gestanden hatten, war die Zahl der Kompanien halbiert, die Zahl der Sektionen verdoppelt worden.

Die minderjährigen Jungen waren von der Reserve abgelöst worden. Eine Abteilung Unteroffiziere hatte man zum Depot abgeordnet. Das 8th Battalion (Service oder Kitchener Battalion) wurde später aus diesem Nukleus gebildet. Das Establishment der Non-commissioned Officers mußte auf Stärke gebracht werden, weshalb der Adjutant ein Gremium einberief, das sich aus ihm selbst, dem Regimental Sergeant-Major, Company Sergeant-Majors und Quartermaster-Sergeants zusammensetzte und die Rollen der Reserve-N.C.O.s durchging. Der eine oder andere von uns wußte etwas über einen von ihnen und konnte Captain Owen bei seiner Suche derjenigen anleiten, die befördert werden sollten. Damit war die Mobilisierung vollständig: Die Stärke betrug neunundzwanzig Offiziere, ein Warrant Officer und eintausendfünfundsechzig andere Dienstgrade. "Ich erinnere mich an zwei Abwesende, die zurückkamen. Einer war ein Mann, der zwei Jahre zuvor aus unserem 1st Battalion, unseren Vorgängern in Portland, nach den Kanalinseln abgehauen war. Er kehrte auf eigene Kosten zurück. Der andere war einer der Unruhestifter aus meiner eigenen Kompanie, der sich vor neun Tagen verdrückt hatte und unterwegs ins Kohlenrevier nach Wales war. Dieser Mann las die Mobilisierungsplakate, kehrte um und lief zu Fuß wieder zurück."

Eine strenge Zensur bezüglich Truppenbewegungen trat in Kraft, die zu Kriegsausbruch in England neu war. Von denen, die Bescheid wußten, wurde sie treu befolgt und von denen, die nichts wußten, unbewußt unterstützt. Sergeant Roderick war eilig zum Records Office in Shrewsbury geschickt worden, um die Dokumente der Reservisten zu besorgen. Bei seiner Rückkehr in Portland "stellte er fest, daß das Bataillon verschwunden war. Die Ehefrauen meinten, es müsse inzwischen wohl in Deutschland sein, daher eilte ich zurück zum Bahnhof. Ein fröhlicher kleiner Gepäckträger sagte, es sei nach Deutschland unterwegs und ich begann, dasselbe zu glauben. Der Bahnhofsvorsteher sagte, er wisse nicht wo es sich befinde, setzte mich aber sehr diskret in einen Zug und riet mir, in Dorchester auszusteigen, von wo ich, wie er sagte, vermutlich nach Deutschland käme."

9. August

Die Psalmen der Frühmette waren außerordentlich aggressiv, passend zum ersten Sonntag nach der Kriegserklärung. Unsere Frauen und Freunde kamen, uns zu sehen. Der neuerliche Abschied zerrte an unseren Nerven.

Man sagte uns, wir würden morgen aufbrechen; wiederum hatte niemand die leiseste Idee, wohin es ging.

10. August

„"Ich wurde gegen 3.15 geweckt. Niemand kann viel geschlafen haben. Gegen 6.30 brachen wir auf: Kompanien A und B mit Williams, dem dienstältesten Major, in einem Zug, das Hauptquartier mit C und D in einem zweiten. Wir begannen alle zu rätseln, wohin wir führen. Als Wahrscheinlichstes galt Southampton. Williams ging so weit, zu wetten, daß wir auf einem luxuriösen Cunard-Liner lunchen würden, mit Champagner ohne Ende auf Regierungskosten." Gegen Zehn fuhren wir geradewegs in den Hafen von Southampton, auf den Tag fünf Monate nach unserer Ankunft aus Indien. Niemand durfte den Schuppen verlassen, aber Pfadfinder vollbrachten 'gute Taten, indem sie Kippen besorgten usw. "Kompanien A und B marschierten hinaus zu unserem Schiff, die Glengariff, ein erbärmlicher Schweinetransporter, auf dem ich ein paar Jahre zuvor mit Rekruten vom Depot eine Reise nach Cork gemacht hatte. Es war nicht sehr sauber, und weil es an Bord nichts zu Essen gab, ernährten wir uns von der Verpflegung, die wir mithatten – Corned-Beef, Zwieback und Wasser. Der Verladeoffizier wollte uns daran hindern an Bord zu gehen, weil wir nicht die Hauptquartier-Hälfte des Bataillons waren. Williams narrte ihn ganz schön, aber als der Commanding Officer erschien, nahm er uns unter seinen Befehl, während Williams mit den Kompanien C und D und Teilen vom Transport an Land im Ruhelager bleiben mußte. Nachmittags erkannte ich im oberen Verladeoffizier einen alten Freund, der mir unter dem Eid der Verschwiegenheit erzählte, daß wir die ersten Regulären Truppen waren, die einschifften; daß wir nach Rouen fuhren; und daß wir mit drei anderen Bataillonen dazu eingesetzt würden, die Expeditionskräfte ins Landesinnere zu bringen."

Die höheren N.C.O.s bekamen eine lange schmale Kajüte auf dem Oberdeck. "Ich war der erste drinnen und hatte eine Koje am vorderen Ende. Es gab nur eine Tür, und die befand sich am von mir am weitesten entfernten Ende. Als ich erwachte, waren wir auf See --

11. August

-- das Schiff war um 2.00 ausgelaufen. Ich studierte das Bullauge mir gegenüber und fragte mich, ob ich hindurchpaßte, wenn wir von einem Unterseeboot angegriffen würden. Unsere Überfahrt verlief dennoch ganz ohne Zwischenfälle." Um zehn Uhr herum, noch kein Land in Sicht, erreichten wir einen großen französischen Schlepper. Er rief uns an, und unser Kapitän, der inzwischen seine versiegelte Order geöffnet hatte, antwortete, woraufhin der Franzose zu jubeln begann und nicht aufhörte zu rufen "Vive l'Angleterre! Vivent les Français!" Unsere Kameraden, die über die ganze Takelage ausgeschwärmt waren, antworteten mit höchst unhöflichen, für britische Soldaten typischen Bemerkungen. Unsere französischen Freunde wären entsetzt gewesen, hätten sie sie verstanden. Ein Lotse kam vom Schlepper zu uns an Bord. Bald sahen wir Land, dann Le Havre, das wir links liegen ließen. Als nächstes kam der kleine Ort Quillebœoeuf. Als wir uns näherten, war keine Menschenseele zu sehen. Kaum hatte der Lotse aber die Sirene erschallen lassen, als wie durch ein Wunder an fast jedem Fenster jemand erschien, die meisten mit einer Trikolore. Die Begeisterung war phantastisch, ein Vorgeschmack auf das, was kommen würde. In jeder Stadt, jedem Dorf traten die Menschen heraus und riefen Grüße. Die Fahrt die Seine hinauf war zwar sehr heiß, aber sehr schön. Der einzige Pferdefuß bestand darin, daß einige unserer subalternen Offiziere den Rest des Wegs nicht aufhörten, die Sirene zu betätigen.

"Um 16.30 erreichten wir Rouen. Wir konnten uns wohl auf einen ziemlichen Empfang gefaßt machen, denn am Kai war ein französisches Bataillon aufgezogen; eine Menge Hohe Offiziere waren auch anwesend. Sobald wir festgemacht hatten, kam ein französischer General an Bord und ich, als bekanntlicher Französischstudent, wurde vorgeschoben, ihn willkommen zu heißen. Ich führte ihn zum C.O., woraufhin er sofort in eine dieser eleganten, charmanten kleinen Ansprachen verfiel, welche die Franzosen so gut beherrschen. Mit gequältem Blick wandte sich der Kommandierende mir zu und sagte, ’Lieber Himmel, antworten Sie etwas, mein Französisch reicht dafür nicht.‘ Ich stammelte einige Erwiderungen, dann führten wir, da wir auf dem Gebiet der Drinks nichts anzubieten hatten, den General wieder von Bord."

Wir müssen um 17.30 herum mit dem Ausschiffen begonnen haben. Es ist von historischem Interesse, daß wir die ersten von vielen tausend Soldaten waren, die in Rouen an Land gingen und die, mit The Cameronians und dem 1st Middlesex, die in Le Havre, und dem 2nd Argyll and Highlanders36, das in Boulogne landete - alle am 11. August -, die ersten britischen Kampftruppen waren, die in Frankreich für den Großen Krieg landeten. "Der erste Mann des Regiments, der in Frankreich landete, war Regimental Sergeant-Major Murphy. Ich weiß es genau, weil ich bei der Gangway stand und versuchte, selbst der Erste zu sein, mußte aber meinem vorgesetzen Offizier den Vortritt lassen."

"Ich hatte von einem französischen Offizier erfahren, daß eine Kompanie auf dem rechten Ufer Quartier beziehen sollte, die andere mit dem Bataillons-Hauptquartier auf dem linken. Ich beschloß einen Versuch, auf die rechte Seite zu gelangen, weil ich, abgesehen von dem Vergnügen, fort von der Großen Pauke zu sein, wußte, daß die eigentliche Stadt am rechten Ufer liegt und die andere Seite des Flusses aus recht verwahrlosten Vorstädten besteht. Also wurde der Wegeposten der A-Kompanie mit Anweisungen an Land geschickt, so weit wie möglich von dem Wegeposten der B-Kompanie entfernt zu stehen. Wir gingen am rechten Ufer an Land. Es funktionierte." Nach der Ausschiffung überquerte die B-Kompanie den Fluß bei der Transporter- Brücke und marschierte mit Gastgeschenken aus Obst, Gemüse und Blumen beladen in Quartiere in der École Pape Carpentier.

13. August

Kompanien C und D trafen um 7.00 ein und bezogen in anderen Schulen Quartier. Der übrige Transport kam um 19.00 an. „"Ich verbrachte die zwei Tage, die wir in Southampton waren, damit, den Verladeoffizier zu bedrängen, mir eine Passage zu geben, aus Furcht, der Krieg wäre vorbei, ehe wir drin sind."

Unsere Rolle sollte die einer Nachschubtruppe sein; einige Tage lang führten wir die entsprechenden Arbeiten aus, bereiteten Lager für die Ankunft anderer Truppen vor. Diese Lager wurden auf dem Hügel über der Rennbahn aufgeschlagen, wo hinterher die Basisdepots errichtet wurden. Das Meiste erschien uns seltsam: daran, daß man auf der rechten Straßenseite marschierte, mußte man sich gewöhnen; der Anblick zweier Polizisten im Dienst gegenüber unserem Quartier, die sich gegen einen Pfahl lehnten und rauchten, erschien komisch. "Eines Tages, wie wir zur Rennbahn marschierten, lief eine junge Dame aus einem Haus heraus und legte dem Offizier, der den Trupp befehligte, einen Strauß Blumen in den Arm, bevor er wußte, wie ihm geschah. Als er sich gefaßt hatte, drückte er sie mir in die Hand und ich reichte sie, eine nach der anderen, weiter an die Männer." Wir trafen auch verschiedene Wachen. Eine Wache stand beim Lager auf dem Kai, in dem sich große Weinfässer befanden. Es heißt, ein Bajonett sei zu Vielem nütze. Ein Mann, der immer durstig war, verschaffte sich damit Zugang zu dem Wein und erwies sich gegenüber seinen Kameraden als sehr großzügig. Dank des Einfallsreichtums eines nachsichtigen Sergeanten, der rechtzeitigen Ankunft eines schützenden Wagens und dem 'Glück der British Army' blieb ihnen allen die Wachstube erspart.

An den ersten Tagen gab es keinen Ausgang aus dem Quartier, das dafür von allen Kindern der Nachbarschaft belagert wurde. Sie erledigten für die Männer Besorgungen. Witzig war es zuzuhören, wie man versuchte, den Kindern zu verstehen zu ge - ben, was benötigt wurde. Selbst Hindustani fand Anwendung. Man hörte, wie ein Bursche zu einem Einheimischen sagte: "Hier, malaam, 'bacca." "Als man uns in die Stadt zu gehen erlaubte, war das Erste, woran mein Company Quartermaster-Sergeant Albert Miners und im Sinn hatten, etwas Anständiges zu Essen. Wir hatten das Glück, einen französischen Corporal zu treffen, der Englisch sprach. Er nahm uns mit zu einem Restaurant, wo wir ein Menü mit mehreren Gängen für anderthalb Franc (1s 3d) pro Person bekamen. Danach gingen wir auf einen Drink in eines der Cafés am Kai. Unser französischer Freund drückte dort seine Verwunderung darüber aus, daß unsere Männer es sich leisten konnten, Flaschenbier zu trinken. Wir mußten ihm erst erklären, daß der Sold des Soldaten dafür vollkommen ausreichte. Es war ein großer Gegensatz zu dem täglichen sou, den der französische Soldat damals bekam."

Die Offiziere wohnten in getrennten Quartieren und aßen in verschiedenen Restaurants ihrer Wahl, außer zu Mittag, wenn sie sich im Restaurant de la Poste trafen. Eine lästige Pflicht der Subalternen war die Zapfenstreich-Runde, bei der man darauf zu achten hatte, daß alle Mannschaften zu bestimmter Stunde die Stadt verlassen hatten, "aber man lernte Einiges kennen."

Major Geigers Bericht von der Sektion der Kompanie A.

Unter Begleitung einer staunenden Menge marschierten wir ab zur oberen Stadt und fanden uns bei Ankunft in unserem Quartier (École Théologique in der Rue des Champs de Quiseau) auf Samt gebettet wieder. Die Männer befanden sich in den Schlafsälen der Schüler, von denen die meisten schon mobilisiert worden waren, und schliefen auf schönem sauberen Stroh; die Nonnen bestanden darauf, für sie zu kochen. Ohne lange nachzudenken, teilten alle die Auffassung, daß ein europäischer Krieg eine hervorragende Sache sei. Als ich mein eigenes billet de logement in Augenschein nahm, das wir in jenen Tagen zugeteilt bekamen, sah ich, daß Samson und ich Gäste des Erzbischofs von Rouen in der Archevêché sein würden. Man führte uns in Schlafzimmer, die Privatkapellen glichen; der Majordomo erklärte mir eindrucksvoll, in meinem Schlafzimmer habe bis zu diesem Tag niemand von niederem Stand als ein Bischof geschlafen. Nichtsdestotrotz sank das Bett nicht unter meinen Sünden ein. Seine Gnaden konnte uns an dem Abend nicht Gesellschaft leisten, lud uns aber für den nächsten Tag zum Mittagessen ein.

12. August

Ich ging als erstes zum Hauptquartier und bekam die Anweisung, um 17.00 mit mei - ner Kompanie nach Amiens zu gehen, was eine gute Nachricht war, konnte man doch für sich sein. Bei meiner Rückkehr ins Quartier fragte ich, ob wir einen Führer bekommen könnten, um die Kathedrale und die Kirche von St. Ouen zu besichtigen. Der Hausgeistliche des Erzbischofs stellte sich zur Verfügung, woraufhin Samson und ich einen höchst lehrreichen Vormittag verbrachten, den wir mit einem ausgezeichneten Mittagessen mit dem Erzbischof beendeten, der uns zum Abschied seinen Segen erteilte.

Wir nahmen einen sehr bequemen Zug: die Offiziere besetzten zwei Erste-Klasse- Wagen - in jenen ersten Tagen wurde Alles höchst luxuriös eingerichtet. (Wir waren vier Offiziere, hundertzwanzig Unteroffiziere und andere Mannschaften und ein Pferd. Ein Offizier, einhundertvier Unteroffiziere und andere Mannschaften und zwei Fahrzeuge sowie Pferde folgten am 14.) Unsere Reise wurde, je weiter sie voranschritt, um so ausgelassener. Massen schienen an jedem Bahnhof auf uns zu warten, wir hielten überall, und es wurden zahlreiche Küsse ausgetauscht. Ich selbst bekam zum Küssen lediglich zahlreiche Kinder in zartem Alter, die meisten davon schmuddelig, während die Subalternen nebenan, so weit ich aus meinem Augenwinkel sehen konnte, mehr Glück hatten. Der Höhepunkt des Grotesken wurde an einem Bahnhof erreicht, wo die Stadtkapelle auf uns wartete und die Marseillaise spielte, worauf die AKompanie antwortete, indem sie äußerst feierlich God Save the King anstimmte. Wir wurden von einem französischen Korporal-Dolmetscher begrüßt, bei dem es sich, wie ich am nächsten Tag erfuhr, um den Duc de Luynes handelte. Er führte uns zu unserem Quartier im Distrikt Saint-Acheul, einem armen Viertel der Stadt. Unsere Quartiere befanden sich in einer Art kommunaler Schule (in der Rue Sidi Carnot). Obwohl das Stroh sauber war, waren es die Gebäude, vor allem die sanitären Einrichtungen, nicht. Aufeinanderfolgende französische Reservisten waren vor uns dort einquartiert gewesen und hatten es nicht für nötig befunden, vor ihrem Abzug sauber zu machen. Auf den Schultafeln standen einige bewundernswerte, wenngleich irgendwie beleidigende Zeichnungen vom Kaiser und anderen deutschen Persönlichkeiten. Die Offiziere betteten sich in einem Klassenzimmer auf Stroh, kaum so luxuriös wie das Schlafzimmer des Bischofs.

13. August

Wir gingen an die Arbeit und putzten gründlich unser Quartier. Ich machte mich auf, herauszufinden, wie wir uns nützlich machen konnten und wie die Dinge standen. Das Hauptquartier der Etappe befand sich in einem Hotel gegenüber dem Bahnhof. Der O.C. Streitkräfte hatte meine Kompanie und verschiedene Dienst-, Nachschubund Sanitätskorps-Trupps unter seinem Befehl. Diese Trupps waren eine kleine Plage. Insofern es sich um Reservisten handelte, die gerade eingezogen worden waren und von wenigen Offizieren beaufsichtigt wurden, trieben sie sich überall herum. Unsere Aufgabe bestand darin, dem Hauptquartier der Etappe Ordonnanzen zur Verfügung zu stellen, Posten und Eskorten zur Bewachung der Munitionswagen, sowie Mannschaften, die beim Bahnhof mit Wasser und Verpflegung für die Truppenzüge der Expeditionskräfte auf ihrem Weg durch Amiens bereitstehen sollten. Die Züge fingen am selben oder am nächsten Tag an durchzukommen. Nachdem ich Putzzeug und Desinfektionsmittel besorgt und mich um die tägliche Verpflegung usw. gekümmert hatte, spürte ich Luynes auf, mit dessen Hilfe die Offiziere bald in ordentlichen Quartieren untergebracht waren. Die Frau, bei der ich übernachtete, hatte viele Jahre als lady's maid in England verbracht. Das Haus hatte ein Bad!

"Der erste Zahltag in Frankreich! Als amtierender Company Quartermaster- Sergeant der Abteilung ging ich zum Güterbahnhof, um Proviant zu übernehmen. Man fragte mich nicht allzu freundlich, wie ich gedachte, den Proviant abzutransportieren - sie hatten 'keinen ... Transport'. Daher beschlagnahmte ich einen alten Karren, vermutlich die erste Maßnahme dieser Art durch die britische Armee in Frankreich. Ich schaute neugierig zu, wie die französischen Bauern, die als Reservisten eingezogen worden waren, bei ihrem Dienstantritt von ihrem Weibervolk begleitet wurden."

14. August

Gewarnt, daß Sir John French auf eine Nacht ins Hôtel du Rhin kommt und wir eine Garde stellen müssen, waren wir alle leicht nervös, weil alle Offiziere den Flash zur Dienstuniform trugen. Sir John hatte ihn beim 1st Battalion in Aldershot abgeschafft, als er dort sieben Jahre zuvor das Kommando gehabt hatte. Das 2nd Battalion, seinerzeit in Indien, hatte von dem Befehl naturgemäß keine Kenntnis genommen. Wir waren in März aus Übersee gelandet, trugen unseren noch und hofften das Beste. Bis zu diesem Tag waren wir damit durchgekommen, aber es war das erste Mal, daß Sir John uns besucht hatte. Bei gründlicher Überlegung hätten wir uns keine Sorgen gemacht - der Oberbefehlshaber war mit anderen, wichtigeren Dingen beschäftigt, als die Unterscheidungsmerkmale der Uniform des 23rd Foot Seiner Majestät. Er begegnete zufällig dem Ordonnanzoffizier, der die Garde antreten ließ; doch alles, was dieser bekam, war ein wohlwollendes Lächeln. Einmal in Frankreich wurde ich gefragt, ob ich aumonier (Kaplan) sei – eine Begründung für den Flash, die mir neu war.

Das nächste Ereignis war das Eintreffen der King's Message, die während des Appells verlesen wurde. Die Hochrufe, die auszubringen ich angewiesen war, kamen von ganzem Herzen, und in allen Fenstern der Häuser um den Schulhof sah man Gesichter.

Dann kamen das Hauptquartier und vier Geschwader des Royal Flying Corps mit dem Flugzeug an. Wir sorgten für das Salatkommando beim Begräbnis eines Piloten-Offiziers und eines Mechanikers, deren Maschine am Ende ihrer Reise abgestürzt war. Sie erhielten eine eindrucksvolle Bestattung unter Anwesenheit des Präfekten des Département, des Bürgermeisters und eines Bataillons der französischen Landwehr (die alten, die sich in der örtlichen Garnison aufhielten).

17. August. Ich wurde früh zum Etappenhauptquartier zitiert und informiert, daß General Grierson, Befehlshaber des II Corps, plötzlich im Zug gestorben war, von dem sein Leichnam in Amiens abgeholt werden würde. Die Kompanie A war zur Ehrengarde und anderen desbetreffenden Aufgaben abgeordnet. Es gab eine Menge unsinniger Gerüchte über den Tod von General Grierson. Ich habe guten Grund für die Annahme, daß er an einem geplatzten Blutgefäß, möglicherweise verursacht durch große Hitze und schwerem Essen, gestorben ist. Er bevorzugte das große Habit, das Wetter war sengend und die Stäbe der höheren Einheiten ernährten sich zu jener Zeit ausschließlich von Freßkörben, die von Fortnum and Mason - Lieferanten eßbarer und trinkbarer Delikatessen - geliefert wurden.

Während des Aufenthalts von Kompanie A in Amiens nahmen die Offiziere ihre Mahlzeiten in verschiedenen Restaurants ein. Die mehr oder weniger luxuriösen Etablissements, die unter den B.E.F. zu der Zeit bekannt waren, als Amiens das Hauptzentrum der Erholung hinter der Somme-Front war, existierten damals noch nicht - mit Ausnahme des berühmten Fish Shop, den wir nicht entdeckten, weil er in einer Seitenstraße, der Rue des Corps nues sans Testes lag. Samson und ich nahmen alle unsere Mahlzeiten immer im Café Mollard ein, ein bescheidenes Etablissement, das ich im April 1918 wiedersah, nachdem eine Granate seine Fassade durchschlagen hatte. Für gewöhnlich beschlossen wir den Abend in einem Café am Place Gambetta, wo ein Orchester spielte. Das Programm endete stets mit den Nationalhymnen der Alliierten, wobei alle aufstanden und während der zehn Minuten, die es sich hinzog, sie zu spielen, feierlich salutierten. Die Vorstellung endete um 21.00, sodaß wir nie lange aufblieben.

All diese ganze Zeit über zog das Expeditionsheer durch Amiens. Die anderen Offiziere der Kompanie schwafelten ungeduldig und vertrauten mir an, daß sie dazu verurteilt wären, den Rest des Kriegs dazubleiben. Da ich von Anfang an offen meiner Meinung Ausdruck gegeben hatte, daß der Krieg etwa zwei Jahre dauern würde wie falsch ich doch lag! - war ich von diesen Ausbrüchen nicht sonderlich beunruhigt. Alle Zweifel legten sich, als ich --

 

20. August

--ins Truppenbüro in der Rue des Trois-Cailloux gerufen wurde, wo man mir mitteilte, daß wir eine Einheit der 19th Infantry Brigade würden und in einigen Tagen abzögen. Der O.C. sagte dann eine Menge netter Dinge über die Führung der Männer, keine Schmeicheleien – offenbar hatten sie sich seine gute Meinung verdient. Gleich von Anbeginn zeigten sie sich als ganz und gar wunderbar. Sie waren allen möglichen Versuchungen ausgesetzt; tatsächlich lag ihnen Amiens zu Füßen. Dennoch war in den zehn Tagen, die wir uns dort aufhielten, kein einziger Mann betrunken, und nur einer kam zu spät (nur zehn Minuten) zum Zapfenstreich um 21.15. Einige verschenkten ihre Mützenabzeichen als Souvenirs. Auf eine Ermahnung, niemand dürfe ohne sie ausgehen, hörte das aber sofort auf. Daß die Schule von einem Zaun umgeben war, war ein Umstand, der half, die Leute beisammen zu halten. Ein Stabsoffizier erklärte mir, er habe einem unserer Männer zum guten Betragen der Kompanie gratuliert, worauf dieser entgegnete : "Tja, der Captain versprach uns, je besser wir uns benähmen, um so eher kämen wir an die Front." Ich frage mich, was für eine Wirkung das gehabt hätte, hätte ich diese Geschichte ein Jahr später erzählt? Alle Ränge waren jetzt natürlich aufs Höchste gespannt.

Auf meinem Rückweg ins Quartier sah ich eine lange Schlange Lieferwagen mit so bekannten Namen wie Harrods, Maple, Whiteley usw. usw. Sie gehörten zu den Versorgungskolonnen und erschienen in Amiens höchst fehl am Platz. („"Apropos verdient an dieser Stelle der alte Londoner Busfahrer eine Erwähnung, von dem man annahm, daß er überhaupt keine Disziplin habe. Eines Nachts brach in einem Lastwagen ein Feuer aus. Die Fahrer starteten den Motor und fuhren alle Wagen, die nicht betroffen waren, aus dem Gefahrenbereich heraus, bevor sie sich um die brennenden Wagen kümmerten.")

Unser Quartier wurde von einhundertfünfzig jugendlichen Enthusiasten mit Motorrädern gestürmt, von denen ein großer Teil keine Ahnung hatte, wie sie ihre Gefährte zügeln sollten. Es handelte sich überwiegend um Universitätsstudenten und Lehrer, durchsetzt mit einigen jungen Geschäftsleuten, die rasch zusammengeholt und als Meldegänger herübergeschickt worden waren. Ich stelle mir vor, daß am Ende alle, die nicht gefallen sind, ein Offizierspatent bekamen.

20. August [sic!]

Das Bataillon hatte Befehl 'Bereit zum Abmarsch'. Wachen und andere Dienste in Rouen wurden zurückgerufen.

21. August Unser Brigadier, der Hon. L.G. Drummond, traf beim Hotel du Rhin in Amiens mit einem Brigade-Major vom King's Royal Rifle Corps, Johnson, ein und sah sich nach Leuten um, um seinen Stab zu vervollständigen. Man ließ mich holen und fragte mich am Ende eines zwanglosen Gesprächs, ob ich die Aufgabe des Staff Captain übernehmen wolle. Nach einer Stunde Bedenkzeit entschied ich mich, für den Augenblick bei meiner Kompanie zu bleiben. Wie sich erwies, machte meine Entscheidung für mich keinen großen Unterschied, außer daß ich möglicherweise ins Quartermaster-Lager hinüber getrieben wäre, was ich glücklicherweise vermied.

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